Bern, 11. Februar 2009 Die Schweizerische Chemische Gesellschaft überreicht heute den renommierten Sandmeyer-Preis einem Forschungsteam der Empa. Mit dieser Auszeichnung werden jedes Jahr herausragende Leistungen in angewandter Chemie gewürdigt. Die Empa-Forscher untersuchten die chemischen Prozesse, die bei der Russzersetzung in katalytischen Dieselpartikelfiltern ablaufen. Unter gewissen Bedingungen können dabei auch Krebs erregende oder Erbgut schädigende Substanzen entstehen. Die Empa-Forscher geben damit wichtige Anstösse für die weitere Entwicklung der Filtertechnik. Tief unter dem Gotthard-Massiv wühlen sich die Baumaschinen durch das Gestein: Die NEAT-Baustelle stellt nicht nur Geologen vor Probleme. Auch die Notwendigkeit, hunderte von Arbeitern in den 57 Kilometer langen Röhren vor den giftigen Abgasen der Baumaschinen zu schützen, war eine grosse Herausforderung und warf völlig neue Fragen auf. So lieferte das Ja der Schweiz zur NEAT auch den Anlass für die Arbeit eines interdisziplinären Forschungsteams der Empa: Norbert Heeb, Andrea Ulrich, Lukas Emmenegger und ihr Team untersuchten, welche chemischen Prozesse in russgefüllten Partikelfiltern ablaufen. Moderne Filter fangen mehr als 99 Prozent der nanometerkleinen Russpartikel aus dem Abgas von Personen- und Lastwagen, Lokomotiven, Traktoren, Schiffen und Baumaschinen ab und reduzieren so die Feinstaubbelastung. Doch auch gasförmige Verbindungen reagieren mit der Katalysatoroberfläche des Filters. Werden diese Schadstoffe dabei effizient abgebaut? Oder entstehen im Filter gar neue? Die Relevanz dieser Frage wird deutlich, wenn wir uns vor Augen führen, dass einige aromatische Kohlenwasserstoffe, die im Dieselabgas enthalten sind, unser Erbgut schädigen oder als Krebs erregend gelten. Filtersysteme überzeugten Chemiker «Zu Beginn der Diskussion um Partikelfilter waren wir nicht sicher, ob wir diese Technologie wirklich fordern und fördern sollen», sagt Norbert Heeb. «Schliesslich können bei der Russzersetzung auch extrem bedenkliche Verbindungen bis hin zu Dioxinen oder toxischen Kohlenwasserstoffen entstehen.» Inzwischen hätten die Forscher allerdings zahlreiche gut funktionierende Filtersysteme begutachten können, so dass sie «voll und ganz hinter dieser neuen Umwelttechnik stehen können.» Um Nutzen und eventuelle Risiken verschiedener Filtertechnologien umfassend zu analysieren, haben sich an der Empa Chemiker, Biologinnen, Ingenieure und Umweltwissenschaftlerinnen zusammengetan. Sie konnten nachweisen, dass je nach Katalysatormaterial eine Neubildung toxischer Sekundärschadstoffe grundsätzlich möglich ist. So entstehen in gewissen Filtersystemen in der Tat Nitroaromaten oder polychlorierte Dibenzodioxine und -furane (PCDD/F), wobei das katalytisch aktive Metall eine wesentliche Rolle spielt. Gute Filter bauen Schadstoffe ab Soweit die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautet jedoch: Viele Filtersysteme können so betrieben werden, dass diese Risiken minimiert sind. Mehr noch: katalytische Filtersysteme können das Erbgut schädigende Stoffe sogar abbauen. So werden nicht nur die Russpartikel aus dem Dieselabgas entfernt, sondern dieses wird auch wesentlich entgiftet. Da die Untersuchungen in Zusammenarbeit mit Filter- und Katalysatorherstellern erfolgen, fliessen die Forschungsergebnisse der Empa direkt in die technologische Weiterentwicklung ein und führen so zu effizienteren Partikelfiltern ganz «ohne Nebenwirkungen». Sowohl im Inland als auch international stiess die Arbeit der Empa-Forschungsgruppe auf grosse Beachtung. Wesentliche Teile des international akzeptierten «VERT-Eignungstests» für Partikelfiltersysteme (VERT = Verminderung der Emissionen von Real-Dieselmotoren im Tunnelbau) basieren auf Forschungsarbeiten der Gruppe, und eine dazu erschienene Norm (SNR 277205) bildet die Grundlage für die Änderung der Schweizerischen Luftreinhalteverordnung (LRV). «Insofern ist unsere Forschung sehr praxisbezogen,» sagt Heeb. «Vielleicht hat das die Jury mit bewogen, uns den Sandmeyer-Preis zuzuerkennen. Wir waren sehr überrascht und natürlich hoch erfreut über diese Würdigung.» (Empa-Pressemitteilung vom 11. Februar 2009) Für Rückfragen: Dr. Lukas Weber, Schweizerische Chemische Gesellschaft, Telefon +41 31 310 40 91, Dr. Norbert Heeb, Empa, Telefon +41 44 823 42 57,